Sonntag, 30. November 2014

SPECIAL: DER ÄGYPTISCHE GOTT SETH - MAGIE UND GESCHICHTE




Obwohl die ägyptische Kultur verhältnismäßig häufig in westlichen Kulturerzeugnissen aufgegriffen wird (Iron Maidens Album „Powerslave“ und Filme wie „Die Mumie“ fallen einem spontan ein) und viele der ikonischen Symbole wie zum Beispiel die Pyramide hinlänglich bekannt sind, erweckt es doch den Anschein, dass ernsthafte Auseinandersetzungen mit der ägyptischen Mythologie etwas nicht so ganz alltägliches sind. Im Gegensatz zur weitverbreiteten germanischen bzw. nordischen Götterwelt, ist die der alten Ägypter in unseren Breitengraden um einiges unbekannter, obwohl vereinzelte Götter (z.B. Osiris und Horus) auch hier keine unbekannten Namen sind. Bei dem Gott Seth (auch Sutekh genannt) ist dies jedoch nicht der Fall. Oft als stupider Vorreiter des christlichen bzw. jüdischen Satans abgetan, mag Seth für die meisten unvermarktbar, ja geradezu uninteressant wirken. Dass dies jedoch nicht für okkulte und magische Zirkel gilt, beweisen die Bücher „Io Erbeth – Mythos und Magie des ägyptischen Gottes Seth“ von Frank Lerch und Frater Eremors „Im Kraftstrom des Satan-Seth“, welche den Mythos von zwei sehr unterschiedlichen, sich ergänzenden Seiten beleuchten und beweisen, wie interessant er eigentlich ist.




Lerchs Beitrag deckt, im Grunde genommen, die nüchterne und sachliche Seite ab und ist quasi eine Art wissenschaftliche Analyse über die zugrundeliegenden Götter und den kulturellen Hintergrund. „Io Erbeth“ erstreckt sich über knapp 200 Seiten und lässt kaum Wünsche offen. Das Buch greift in 15 Kapiteln einzelne Facetten auf und beschreibt diese in aller Gründlichkeit. Sehr interessant sind natürlich die grundlegenden Kapitel über Seth selbst, welche sich sowohl seiner Gestalt als auch seinem Wesen und seiner Wahrnehmung widmen. Gerade wenn es um letzteres geht, ist „Io Erbeth“ vordergründig ein historisches Schriftwerk, welches eindringlich auf die Weltanschauung, Mentalität und Herrschaftsform der Ägypter eingeht und die politischen Turbulenzen beschreibt, welche weite Abschnitte der ihrer Geschichte geprägt haben. Faszinierend ist hierbei vor allem, dass sich Seths Stand innerhalb der Gesellschaft oft um 180 Grad gedreht hat, je nachdem, wer an der Macht war und welche Ereignisse das Land geprägt hatten.

Seth selbst ist eine dynamische und vereinnahmende Gestalt, deren Wesenszüge ausführlich dargestellt werden, besonders in den Kapiteln, welche sich seinen Beziehungen zu anderen Göttern widmen. Abgesehen von der Tatsache, dass diese die chaotische, individualistische, triebfixierte und gewalttätige Seite Seths wohl am direktesten und unverblümtesten zur Schau stellen, erfährt der Leser hier wohl am meisten über die ägyptische Mythologie, in welcher sich, wie so oft, menschliche Begierden und Neigungen, sowie Naturphänomene widerspiegeln. Hierbei sind vor allem die Kapitel über die Rolle des Osiris, der symbolträchtige, sexuell aufgeladene Streit mit Horus und die Ansätze zur Tiersymbolik (Seth als Eselsgott, Seth und die Kraft des Stieres) positiv hervorzuheben, vor allem da Lerch die Symbole kritisch entschlüsselt, statt sie bloß oberflächlich anzuschneiden. Als besonders wertvoll entpuppt sich auch das letzte Kapitel, in dem „Io Erbeth“ auf die Parallelen zu Jahwe und Satan eingeht, was – vor allem nach den vorherigen Erläuterungen – mit eventuellen Missverständnissen restlos aufzuräumen weiß.



Frater Eremor verfolgt mit seinem Buch „Im Kraftstrom des Satan – Seth“ gänzlich andere Absichten, als „Io Erbeth – Mythos und Magie des ägyptischen Gottes Seth“ es tut. Eremors Werk ist eine praktische Anleitung zur sethianischen Magie und Ritualen, welche sich auf den genannten Mythos stützen. Zwar geht Eremor auch auf die Hintergründe ein, allerdings sind diese mehr als Einführung gedacht, denn das Hauptaugenmerk liegt auf den vorgestellten Praktiken. Hierbei geht der Autor jedoch auch auf philosophische Grundsätze und das Prinzip der Magie als solche ein. Gekonnt knüpft er zu allen seinen Ansätzen Verbindungen mit dem Gott Seth, sodass ein sehr stimmiger Austausch zwischen Mythos und magischem Prinzip entsteht.

Eremors Anleitung beschreibt heiter, verständlich und mit einem erfrischend unaufdringlichen Humor die Praktiken des Autors (welcher übrigens Initiator des „Current of Seth“ ist), bei denen oftmals Meditation, die Elemente und die menschliche Sexualität eine entscheidende Rolle spielen. Ebenso wiederkehrend sind die Charaktermerkmale und die Feind- und Freundschaften des Seth, welche der Ausgangspunkt vieler Ansätze sind. Gerade die Sexualmagie ist eines der Themengebiete, auf welche „Im Kraftstrom des Satan – Seth“ am häufigsten zu sprechen kommt. Wie bei allen anderen Praktiken auch, beschreibt Frater Ermor die jeweiligen Rituale von Anfang bis Ende, geht auf jeweilige Ziele oder Gefahren ein, gibt Tipps und erörtert weiterhin, in welchem Kontext diese am besten angewandt werden.



Frank Lerchs „Io Erbeth – Mythos und Magie des ägyptischen Gottes Seth“ und „Im Kraftstrom des Satan-Seth“ von Frater Eremor sind quasi als zwei Seiten der selben Medaille zu werten, wenn es um die okkulte Arbeit mit dem Mythos des Seth geht. Lerch bietet die mythologische Grundlage, woraufhin Eremor konkret auf die Magie eingeht. Beide Bücher sind lesenswert, kompetent verfasst und erreichen ihr jeweiliges Ziel ohne Ausfälle.

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