Montag, 21. Oktober 2013

REVIEW: FATHER'S DAY (ASTRON 6, 2011)





Ein gestörter Vergewaltiger und Psychopath ist auf freiem Fuß und missbraucht und tötet wehrlose Väter. Drei Betroffene haben es sich zur Aufgabe gemacht dem geisteskranken Gewaltverbrecher namens Chris Fuckman das Handwerk zu legen, ahnen jedoch nicht, mit welchen Mächten sie sich anlegen. 



Troma ist ein Name, der direkt Assoziationen weckt. Die Independent Firma aus Amerika ist seit den 80ern felsenfest im Underground-, Amateur- und Trashsektor verankert und hat sich unter Horrorfans einen so guten Namen gemacht, dass der Terminus „Tromafilm“ quasi schon ein eigenes Genre bezeichnet. Wie Fans jedoch wissen, ist Tromafilm nicht gleich Tromafilm. Auf der einen Seite gibt es die Filme, welche von Troma selbst ersonnen und produziert werden (Toxic Avenger, Sgt. Kabukiman, Tromeo & Juliet etc.) und auf der anderen Seite stehen die Independentproduktionen, welche von Troma aufgekauft und releast, aber nicht gedreht werden (Rabid Grannies, Bloodsucking Freaks, Necronos [in den USA] etc.). Father’s Day stellt jedoch eine Ausnahme dar. Als Labelchef Lloyd Kaufmann den Faketrailer (Tarantino und Rodriguez lassen grüßen) zu Gesicht bekam, war er so begeistert, dass er der kanadischen Filmschmiede Astron-6 ein Budget von 10,000 $ zu Verfügung stellte, um Father’s Day Wirklichkeit werden zu lassen. Somit ist der Film zur Hälfte eine hauseigene Tromaproduktion und zur anderen Hälfte ein Independent Film, welcher von Troma releast, aber nicht kreiert wurde. Es ist nicht zu leugnen, dass in  beiden Tromafilm-Kategorien sowohl zeitlose Trashepen, als auch nahezu unanschaubare Rohrkrepierer veröffentlicht wurden. Father’s Day steht jedoch für den Tromageist der Gegenwart und stellt ein (im positiven Sinne) absolut geschmackloses Exploitationfest dar, welches selbst von trashfremden Genrefans mehr als wohlwollend aufgenommen wurde, andere jedoch sogar zum Verlassen diverser Screenings veranlasste. Doch was hat es mit dem Film auf sich?




Die Geschichte um die drei jungen Männer, die dem Vatermörder Chris Fuckman die Stirn bieten, ist noch wahnwitziger und durchgedrehter, als das Poster und die Werbung versprechen. Twink ist ein Schwuler, der sich auf den Straßen durch Blowjobs bei alten Männern einen Lebensunterhalt verdient. Als sein Vater brutal vom Fuckman umgebracht wird, gerät der Stricher unter Mordverdacht, wird aber dennoch in die Obhut von Pater Sullivan übergeben. Die beiden ahnen nicht, dass der Fuckman schon längst die Fährte aufgenommen hat und dem Augenzeugen Twink hinterherstellt. Zeitgleich erfährt Pater Sullivan von einem alten Priester von der Legende des Fuckman und wird zugleich von ihm beauftragt, den abgeschieden lebenden Ahab ausfindig zu machen, welcher angeblich schon vor 10 Jahren den Fuckman zur Strecke brachte und dafür auch eine mehrjährige Gefängnisstrafe verbüßen musste. Der anfangs widerwillige Ahab lässt sich am Ende doch von Sullivan überreden und begleitet ihn mit in die Stadt, in der der Fuckman sein Unwesen treibt. Dort sucht Ahab zunächst seine kleine Schwester Chelsea, welche in einer Striptease Bar arbeitet und dem Fuckman ebenso wie ihr großer Bruder Rache geschworen hat. Als der Unhold Chelsea entführt, machen sich Twink, Ahab und Sullivan auf um sie zu befreien und den Fuckman ein für alle Mal auszuschalten. Sie ahnen jedoch nicht, dass der Fuckman alles andere als ein normaler Vergewaltiger und Mörder, sondern etwas viel, viel Böseres und Dämonischeres ist.



Wie man deutlich erkennen kann, ist die Handlung von Father’s Day um einiges komplexer und durchdachter, als man es vielleicht annehmen, bzw. von vornherein unterstellen würde. Das Produktionsteam Astron-6 hat es geschafft, ein sehr trashiges Storykonzept und Script zu erarbeiten, welches jedoch wasserdicht ist und sich beim zweiten Hinsehen sogar als ziemlich clever entpuppt. Wer jedoch von vornherein einen überdrehten Funsplatter erwartet, liegt nur zum Teil richtig. An erster Stelle ist Father’s Day nämlich ein waschechter Grindhouse Film der neuen Ära, sprich: ein durch künstliche Artefakte auf alt getrimmter Exploitation Film, der die Fahne des Sleazes vergangener Tage hochhält. Zyniker könnten nun behaupten, dass jeder zweite Film heutzutage diesen Look für sich beansprucht, bei Father’s Day passt diese Präsentation jedoch wie die Faust aufs Auge, nicht zuletzt wegen des absolut wundervollen Synthie Soundtracks und dem Willen zur absoluten Schmutzigkeit. Hierzu jedoch später mehr.
Einer der größten Pluspunkte sind sicherlich die absolut durchgeknallten Charaktere. Twink ist ein raubender, rebellischer Prostituierter, welcher sich am Rande der Gesellschaft bewegt und alle Eigenschaften des klassischen, abgefuckten Junkies in sich vereint. Im krassen Kontrast dazu steht Pater Sullivan, der ein stereotyper, sanfter und moralischer junger Pfarrer ist, welcher sich hingebungsvoll um seine Schäfchen kümmert, aber im Verlauf des Filmes eine ziemliche Wandlung durchmacht. Ebenso überzeichnet, wenn auch etwas weniger eindimensional als der Rest des Trios ist Ahab. Der Mann mit Augenklappe kann als eine Art Verballhornung des klassischen Film Noire Helden gesehen kann. Rachsüchtig, verschwiegen, überzogen maskulin und stellenweise höchst unsympathisch, ist er quasi der Handlungsträger des Films und der Hauptgegner Fuckmans. Andere Nebencharaktere, wie zum Beispiel der blinde, alte Priester, der fiese Detective, die abgebrühten Stripperinnen und Twinks total fertiger Kumpel sorgen auch für reichlich Witz und Unterhaltung, der Fokus liegt jedoch ganz klar auf dem Trio.

Father’s Day legt viel Wert auf Szenen mit hohem Wiedererkennungswert und Humor. Letzterer kommt dankenswerterweise nicht in der kindisch-überdrehten Blödelform daher, die man zum Beispiel aus einigen Tromaproduktionen der 80er kennt, sondern ist vergleichsweise dezent und wirklich witzig im klassischen Sinne. So gibt es zum Beispiel konstante Seitenhiebe in Richtung Religion, vor allem die wirklich göttliche Predigt von Sullivan muss hier Erwähnung finden, sehr süffisante Spiele mit dem Film Noire Konzept Ahabs (allem voran die herrlich sinnfreie Sirup-Parabel) und gewollt überzeichnete Actioneinlagen, wie zum Beispiel die Waffen, die im Grab von Ahabs Vater versteckt sind und eine Verfolgungsjagd bzw. Straßenschlacht zwischen zwei Pick Up Trucks. Weitere Höhepunkte sind die Werbeeinblendungen von Astron-6 (kommt wirklich so gut rüber, wie selten zuvor), die Szenen in der Striptease Bar und natürlich das fulminante Finale, in welchem das Setdesign wirklich zu Hochformen aufläuft. Interessant ist auch, wie man hier mit gewollter Überbeleuchtung spielt und die Bilder oftmals in Rot- oder Grüntöne tunkt, was das Gesamtpaket noch älter, grindiger und sleaziger erscheinen lässt.



Natürlich kommen auch die anstößigen Elemente bei weitem nicht zu kurz. Der Fuckman selbst sieht aus wie ein lüsterner, alter Schmutzfink und die Vergewaltigungen werden sehr explizit dargestellt. Wirklich pornographisch wird es nie, dennoch sind die Darstellungen von homosexuellem Analverkehr sicherlich etwas zu viel für den ein oder anderen (männlichen) Darsteller. Jedoch muss man den Herren an dieser Stelle ein großes Lob aussprechen, die Idee mit dem Mann, der Männer vergewaltigt, ist so einfach und dennoch innovativ und im Genrekontext gesehen ironisch, dass es denjenigen, die sich dem Film nicht sofort versperren direkt ein Lächeln aufs Gesicht zaubern dürfte. Gesplattert wird natürlich auch fleißig, jedoch bemüht man sich eher um Prägnanz, als um „Story of Ricky“‘sches Gemetzel im Sekundentakt. Es gibt einige sehr gut gemachte Entweidungen, sehr ekelhafte Splatter- und Folterszenen, welche in Verbindung mit den Vergewaltigungen auftreten und eine wundervolle Kettensägenenthauptung, um nur einige der Schauwerte aufzuzählen. Father’s Day geht sehr gut mit seinem Gore um und ernennt ihn zu einem allgegenwärtigen Leitmotiv des Filmes, ohne ihm jedoch das Zepter völlig in die Hand zu drücken.



Fazit: Unterm Strich ist Father’s Day ein wirklich gelungener, einfallsreicher, unterhaltsamer und derber Film, der völlig zurecht frischen Wind in die etwas schläfrige Exploitation/Grindhouse Schiene gebracht hat und sich in Windeseile zu einem der neuen Markenzeichen Tromas hochgemausert hat. Die Charaktere sind verrückt, die Handlung vielseitig und die Präsentation kurzweilig. Klamauk bleibt dem Zuschauer erspart, dafür kann Father’s Day eine Konsequenz und Dichte verzeichnen, welche für diese Sorte Film absolut unüblich ist. Der Film nimmt sich trotz aller Späße und parodistischen Untertöne sehr ernst und verdient es im Gegenzug ernstgenommen zu werden. Sehr gelungener Genrespaß für alle jenen, welche auch nur entfernt etwas mit dieser Art Film anfangen können!

Zur DVD: Die Version von 84 Entertainment ist ein wahres Monster geworden (im positiven Sinne). In einem schönen Schuber verpackt, bekommt der Fan den Director’s Cut auf Blu Ray, DVD, zwei prallgefüllte Bonusdiscs mit sehr interessantem Bonusmaterial, die prä-finale Filmversion und dazu noch den Soundtrack. Sicherlich die ultimative Veröffentlichung für Sammler und Tromafreaks!


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