Donnerstag, 5. September 2013

REVIEW: BIZARRE UPROAR - PERVERSE BIZARRE HUMILIATION (Noise, 2013)

Bizarre Uproar sind nach fast 20 jährigem Bestehen so lebendig und aktiv wie nie zuvor. Kaum hat das hauseigene Label "Filth and Violence" die "Putrid Live Activities" Box, bestehend aus vier Tapes, releast, beschert es den noisefanatischen Anhängern den nächsten Streich und veröffentlicht kurz vorm CD Release via "Freak Animal Records" eine limitierte Tape Version des neuen Albums "Perverse Bizarre Humiliation".  Das Projekt von "Filth and Violence" Gründer und Inhaber Pasi Markkula  spielte anfangs noch relativ geradlinigen Harsh Noise, hat sich jedoch immer seine eigene Identität bewahrt. Nach Jahren von verzerrten Klängen des "Scrapmetal Abuse" startete eine Art neue Phase für Bizarre Uproar. Mit Meilensteinen wie "Purification", "Musta Rotta EP", "Viha & Kiima" und dem dem letzten Album "Rape Africa" eignete sich das Projekt einen geradezu unverwechselbaren Stil an, welcher von den Artworks bzw. Themen und Pasis markanter Stimme in nahezu kongenialer Weise unterstützt wird. Bizarre Uproar ist nicht nur eines der langlebigsten Noise Projekte aus dem Post-Industrial El Dorado Finnland, sondern sicherlich auch eines der extremsten und perversesten.

Extrem und pervers wären sicherlich auch die Worte, mit denen einige den Videoclip zu dem "Perverse Bizarre Humiliation" Track "Kusi Paska Veri" beschrieben hätten (Anm. d. Verf.: dieser kann hier aufgrund des hoch pornographischen Inhaltes NICHT verlinkt werden, ist aber mit Leichtigkeit auf der Labelhomepage zu finden). Er zeigt Pasi mit einer Latexmaske, wie er auf dem Rücken liegt und onaniert. Nach kurzer Zeit taucht eine Frau auf, die sich über ihn beugt und ihm auf den Brustkorb scheißt. Mit der Hand sammelt sie ihren Stuhlgang auf und steckt ihn Pasi in den Mund. In scheinbar endlosen Einstellungen leckt er ihn von seinem Lippen und ergötzt sich am Geschmack. Das Tapecover, welches professionell gedruckt wurde (für das Label sehr unüblich), zeigt schwarz/weiß Aufnahmen dieses Clips und auch die Tracklist orientiert sich eng an dem selbstgedrehten Scat Video, welches davor veröffentlicht wurde.







Der erste Track "Female Excrement" präsentiert uns zunächst sehr lange Geräusche einer Scat Session (offenbar) und wird unterlegt von statischen, hochfrequenzigen Klängen, die trotz des vordergründigen Würgens immer eine gewisse Präsenz haben. Je länger dies weitergeht, wird mir bewusst, dass dies offenbar nicht der Intro eines Tracks, sondern der Track selbst ist. Nach dem Ausfall des Dialogs und der Geräusche, erlöschen auch die Hintergrundkläge. Dies könnte man vielleicht eher als Intro als als vollwertigen Track ansehen, allerdings ist es so oder so ein sehr interessanter Einstieg in das Album.

Es  folgt der Track "Bliss", welcher auch sehr langsam anfängt. Anfangs sind die Klänge wieder statisch und werden von vereinzelten Trommelschlägen begleitet. Obwohl dieser Sound für Bizarre Uproar etwas ungewohnt ist, sind die Vocals die selben geblieben. Sie klingen auf "Perverse Bizarre Humiliation" noch kränker als zuvor, fast schon niederträchtig und doch gequält. Nach kurzer Zeit setzen jedoch auf dezente Weise dunkele, aggressivere Frequenzen ein, wie man sie aus Klassikern wie "Musta Rotta" kennt. Beides zusammen baut sich von Sekunde zu Sekunde immer stärker auf, was ein wenig an den Vorgänger "Rape Africa" erinnert. Allerdings ist die Herangehensweise und das Ergebnis definitiv ein anderes. Je verzerrter und noisiger der Track wird, desto mehr entfaltet er seine Wirkung und ich fange an zu begreifen, wie "Perverse Bizarre Humiliation" funktionieren soll.





"Kusi Paska Veri", der Track, zu dem es auch das oben besprochene Video gab, hält das aufrecht, was "Bliss" eingeführt hat. Langsam startet das Lied mit einschneidenden und harten Tönen, welche wunderbar zusammen interagieren und eine gelungene Atmosphäre schaffen. Die Vocals klingen noch heftiger als beim Vorgänger und stehen nun sehr stark im Vordergrund. In der ersten Hälfte gesellen sich extrem harte Percussionelemente hinzu, was die Wirkung der harten Tonlagen immens erhöht. "Kusi Paska Veri" baut sich nicht auf, er ist gleichbleibend krank, langsam und doch extrem hart, verliert sich jedoch nicht im totalen Chaos. Die letzten Minuten bestehen nur aus der extrem metallisch klingender, hallender und rythmischer Percussion. Dies ermüdet mit der Zeit etwas, wirkt aber dennoch sehr aggressiv und passt gut zu dem Album. Dennoch ist die erste Hälfte des Tracks ganz klar die stärkere.

Der Abschluss des Albums "Bizarre Domination" geht wiederum in eine völlig andere Richtung. Rythmische Trommeln begleiten eine verranzt klingende Bassgitarre, welche eine ziemlich gradlinige Melodie spielt. Man könnte es am ehesten unter Noiserock einordnen, also fast schon ein Widerspruch zu den vorangegangenen Tracks des Albums. Danach setzt jedoch ein ultraverzerrter, fies klingender Synthesizer ein, der von keifenden, verzerrten Vocals begleitet wird. Dies erinnert ein wenig an ältere Bizarre Uproar Aufnahmen. Die zweite Hälfte von "Bizarre Domination" ist sicherlich das Chaotischste und Aggressivste, was "Perverse Bizarre Humiliation" zu bieten hat. Kurz aber sehr intensiv und heftig. Ein mehr als würdiger Abschluss!



Hörprobe: Kusi Paska Veri

Fazit: "Perverse Bizarre Humiliation" ist ein sehr eigenständiges und rundes Album geworden. Die Klänge sind überwiegend hoch, schleppend und bauen nach und nach eine sehr starke Wirkung auf, auch wenn man diese oft der Monotonie des Albums zuschreiben kann. Die Vocalperformance ist krank wie nie zuvor, dafür aber weniger aggressiv. Letzteres hätte aber auch weniger zur Konzeption gepasst. Wie so oft hat  Markkula mit Bizarre Uproar komplett neue Gebiete erforscht und hat dennoch einige unverwechselbare Markenzeichen aufrecht erhalten. "Perverse Bizarre Humiliation" ist sicherlich kein einfaches Album, dafür aber ein umso interessanteres. Wieder mal alles richtig gemacht!



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